Am Dienstag, den 10. April veröffentlichte Stefan Winterbauer unter dem Titel „Die scheinheiligen E-Book Bestsellerlisten“ einen Post im Blog von Meedia.de, in der er die aktuellen E-Book-Charts von von Media Control kritisiert. Sie stünde in Diensten der „klassischen Verlagswelt“, so der Tenor, und würden aktuelle Trends des E-Book-Marktes ignorieren. Sein Urteil geht jedoch fehl!

Als Kommentar zu Winterbauers Post möchte ich einige Informationen vorbringen, die vielleicht helfen, die Sachlage ein wenig besser zu verstehen. Ferner möchte ich dafür werben, das Thema E-Book-Charts weiter konstruktiv zu unterstützen und (durchaus) kritisch zu begleiten.

Meine persönliche Wahrnehmung ist die, dass alle an E-Books interessierten und beteiligten Personen und Unternehmen – vom Autor, dem Verleger zum Shop bis hin zum Leser – gleichermaßen an dem Thema E-Book-Charts interessiert sind. Sie sind nicht nur wichtig für eine Professionalisierung des E-Book-Marktes hinsichtlich Marketing und Vertrieb (für Autoren/Selfpublisher und Verlage gleichermaßen), sind nicht nur ökonomisch relevant, sondern Charts machen überdies auch „ganz schön viel Spaß“, wie Johnny Haeusler es hier auf den Punkt bringt! Nun gut, aber wo liegen nun die Probleme bei der Erstellung der E-Book-Charts, so dass sich eine Kritik rechtfertigen ließe?

Die Herausforderung für die Erstellung einer E-Book Bestsellerliste liegt darin, zunächst einmal relevante und repräsentative Daten zu bekommen. Der deutsche E-Book-Markt weist eine weltweit sicherlich einmalige Vielfalt und Komplexität auf. Das hat Vorteile! So können viele kleine Shops und Buchhandlungen am E-Book-Geschäft partizipieren. In keinem anderen Land gibt es eine so große Vielzahl von E-Book-Händlern mit Hunderten von Shops (White-Label- oder selbst entwickelte Shops).

Diese Vielfalt und Komplexität hat aber auch Nachteile! Es ist für Verlage und Autoren fast unmöglich, sämtliche Shops ordentlich mit Metadaten und E-Book-Dateien zu beliefern. Zumal in einem Markt, der sich in so vielen widrigen Details noch finden und etablieren muss. Solche Details sind eben auch: Die Abrechnung von E-Books und die Übermittlung von Verkaufsinformationen.

Man muss wissen, dass die meisten Shops den Verlagen und Autoren derzeit i.d.R. nur in monatlichen Rhythmen Verkaufsinformationen in Form der Lizenzabrechnung zukommen lassen – in unterschiedlichen Formaten und auf unterschiedlichen Wegen. Je mehr Shops im Markt sind, desto komplizierter wird die Angelegenheit!

Die zeitnahe oder tagesaktuelle Übermittlung von Abrechungsdaten und Trendinformationen an Rechteinhaber oder Marktforschung ist ein Thema, an dem die Branche schon länger mit Hochdruck arbeitet! Es gibt eine Reihe von Bemühungen in Gruppen, Kommissionen und Unternehmen, um genau die Strukturen aufzubauen oder zu optimieren, die es erlauben, Trendinformationen von den Shops an Verlage, Autoren oder Marktforschung zu übermitteln. Man denke hier an die Entwicklung von Standards (EDItX ist eine Art EDI für die E-Book-Branche) oder Protokollen zur zeitnahen Übermittlung der Daten. Hier steht eine erhebliche Verbesserung der Datensituation in Aussicht (und ich behaupte das deshalb, weil ich wesentlich an der Adaption von EDItX für den deutschen Markt mitgearbeitet habe).

Nicht zuletzt möchte ich noch darauf hinweisen, dass die Daten für die Ermittlung Charts ja keineswegs nur – oder gar hauptsächlich – von den Verlagen kommen! Der Vorwurf, die Bestseller-Listen würden eher das Wunschdenken der klassischen Verlage repräsentieren und weniger das tatsächliche Kaufverhalten der E-Book-Kundschaft, ist also nicht begründet. Und das es Regeln bei der Ermittlung der Charts gibt, die nicht allen Teilnehmern unmittelbar einsichtig sind, liegt in der Natur der Sache. (Weitere Informationen zu diesem Thema gibt es “Auf dem Schreibix sein Blog”: Woher die Zahlen für die neue E-Book Bestsellerliste stammen und was sie bedeuten.)

Die Erstellung einer E-Book-Charts in einer komplexen Umgebung ist eine große Herausforderung und von der Beteiligung einer Vielzahl von Shops und Verlagen/Autoren abhängig. Wenn die Branche, dass heisst Autoren, Self-Publisher, Verlage, Shops und Leser sich aber gleichermaßen darin einig sind, dass es sinnvoll ist, Trenddaten auszuwerten und in Form einer E-Book-Charts zu publizieren, dann wird sich die Verbesserung umso schneller zeigen, und spannende Daten der E-Book-Charts auch weiteren, kritischen Analysen standhalten.